Schierke
Die Schierke-Arena: Ein Schuldturm mit schönem Dach?
(von André Weber)
Nun also doch: Lange wurde unter den Stadträten gemutmaßt, wann die Diskussion zur sogenannten „Schierke-Arena“ konkret wird. Dann ging alles recht fix. Nutzungskonzept, Wirtschaftlichkeitsgutachten, irgendwo zwischendrin hat die Kreativabteilung im Rathaus aus dem Kunsteisstadion die „Schierke-Arena“ gemacht und nun ist sie da, die „033/2014“. Hinter der Nummer versteckt sich der Projektfeststellungsbeschluss zur Schierke-Arena und der kann wohl auch ohne viel Pathos als die wichtigste, zumindest aber als die folgenschwerste Vorlage der letzten 5 Jahre bezeichnet werden.
Auf 12 bunt bedruckten A3-Seiten mit hübschen computeranimierten Bildern und wohlklingenden Beschreibungen wird den Stadträten das Projekt schmackhaft gemacht. Erst auf der letzten Seite werden dann die geplanten Baukosten dargestellt. Der ursprünglich angestrebte Wert von unter 6 Mio. Euro konnte nicht gehalten werden. Aktuell sind 6.335.000 Euro vorgesehen, hinzu kommen noch 110.000 Euro für die Außenanlagen und 160.000 Euro für die Ausstattung sowie 400.000 Euro für eine Brücke zum Eisstadion. Alles ohne Steuer. Versteht sich. Die macht, je nach Erstattungsfähigkeit auch noch mal 700.000 bis 1,7 Mio. zusätzlich aus. Unter dem Strich werden wir also bei 7,7 – 8,7 Mio. Euro landen. Immer unter der Vorraussetzung, dass die Baukosten im Rahmen bleiben und da bin ich angesichts der zum Teil immensen Kostensteigerungen in Schierke, aber auch in der Wernigeröder Kernstadt ausgesprochen skeptisch.

Der jährliche Zuschuss soll, so die Stadtverwaltung, bei jährlich 270.000 Euro liegen. Das ist, um mal ein Vergleich zu haben, ungefähr auch jener Zuschuss, den wir in unseren Bürgerpark mitsamt Miniaturenpark stecken, der allerdings auch jedes Jahr 80.000-100.000 Gäste anzieht. Bis zum heutigen Zeitpunkt habe ich aber noch keinen Ratskollegen, noch keinen Wernigeröder und auch noch keinen Schierker (!) erlebt, der ernsthaft glaubt, dass es bei dieser Summe bleibt. Nur 1,5 Planstellen sind für die Schierke-Arena vorgesehen, das von der Wernigeröder Tourismus GmbH erarbeitete Nutzungskonzept ist eine bunte Sammlung von (guten) Ideen, aber eben auch nicht mehr. Und so wird nach dem Prinzip Hoffnung nicht nur gehofft, dass die Ausgaben für den Betrieb im Rahmen bleiben, sondern auch, dass die 8.500 Eisläufer in den Wintermonaten kommen und im Sommer private Veranstalter die Schierke-Arena nutzen und so Geld in die Kasse gespült wird.
Ja, ich bekenne mich zum Ortsentwicklungskonzept und ja, ich bin auch von den architektonischen Visionen für die Gestaltung des Eisstadions fasziniert, aber all dies lässt mich eine Frage nicht verdrängen: Können wir uns diese Investition und die Folgekosten leisten?
Genau hiervon bin ich nicht überzeugt. Schon heute klafft ein jährliches Loch von 1,5 Mio. Euro in unserer mittelfristigen Finanzplanung, in Rekordtempo werden Grund und Boden und Gebäude verkauft um die massiven Investitionen nur noch ansatzweise gegen zu finanzieren und dann wollen wir uns eine weitere Aufgabe gönnen?
Wenn am 20. Mai der Projektfeststellungsbeschluss in der heute vorliegenden Form zur Abstimmung steht, dann werde ich mit Nein votieren und dies halte ich nichtsdestotrotz für eine bedauerliche Entwicklung, denn das Natureisstadion hätte in einem vernünftigen Rahmen entwickelt und wieder zu einem Anziehungspunkt für die Schierker und seine Besucher gemacht werden können.
Leider wird auch hier mal wieder das eingeschränkte politische Gespür des Oberbürgermeisters greifbar. Es nutzt eben nichts, wenn man die schönsten Visionen formuliert, aber so weit von Stadträten und auch Bürgern entfernt ist, dass diese schlichtweg nicht überzeugt sind. Stattdessen wird seit Jahren nur Druck ausgeübt und Korrekturwünsche werden schlicht ignoriert. So gewinnt man eben keine demokratischen Mehrheiten für Projekte und genau diese sehe ich auch nicht am 20. Mai.
Mittlerweile haben sich die Linkspartei und Haus & Grund/ FDP klar gegen die Schierke-Arena ausgesprochen und die SPD dafür. Wenn ich mich an die haltlosen, ja schon unverschämten Angriffe der Sozialdemokraten gegen meine Sparvorschläge von 2013 erinnere, dann frage ich mich ernsthaft, wie man bei der Argumentation für diese Belastung des Haushaltes votieren kann? Die einzige Folge werden früher oder später schmerzhafte Einschnitte bei den freiwilligen Leistungen sein. Meine eigene Fraktion, die CDU, wird sich in der kommenden Woche positionieren. Ich rechne angesichts der vielen kritischen Beiträge der letzten Wochen auch von meinen Parteikollegen mit Ablehnung.
Angesichts der Tatsache, dass bis heute die Kosten noch nicht endgültig geklärt sind und das Nutzungskonzept erhebliche Lücken aufweist, verstehe ich nicht, wie der Oberbürgermeister diese Vorlage zur Abstimmung stellen kann. Soll ernsthaft 5 Tage vor der Kommunalwahl eine unausgegorene Beschlussvorlage durchgepeitscht werden, die in ihrer Konsequenz die kommenden Jahre massiv beeinflussen wird? Ich werde eine Vertagung der Abstimmung anregen, denn ein derartiges Vorgehen ist nicht nur gegenüber dem Wähler unredlich, sondern auch gegenüber den künftigen Stadträten.
Sollte dies nicht mehrheitsfähig sein, dann werde ich eine namentliche Abstimmung beantragen. Jeder Stadtrat sollte hier ganz persönlich für seine Entscheidung gerade stehen und sich rechtfertigen müssen.
Ich persönlich hoffe, dass der Oberbürgermeister die Kritik in den kommenden Ausschussberatungen annimmt, die offenen Fragen nacharbeitet und dann nach der Kommunalwahl sachlich auf Grundlage einer vollständigen Datenbasis über die Schierke-Arena und auch mögliche abgespeckte Alternativen diskutiert werden kann.

Ein reines Natureisstadion – die Alternative für Schierke?
(von Christian Reinboth)
Seit der Fertigstellung des ersten Entwurfs für das Schierker Ortsentwicklungskonzept durch Prof. Dr. Wolf Eisentraut – in dem das Eisstadion bereits einen zentralen Platz einnahm – wird über die verschiedenen Möglichkeiten zur Neu- und Umgestaltung des Schierker Natureisstadions diskutiert (Stichwort: Pringels-Arena). Ich möchte diesen Blogpost nutzen, um noch einmal ausdrücklich für eine Variante zu werben, die in der öffentlichen Diskussion bislang leider ein wenig zu kurz gekommen ist: Die Restaurierung des existierenden Stadions zu einem reinen Natureisstadion.
Aus meiner Sicht sprechen insbesondere vier Gründe für eine solche Lösung:
(1) Der Betrieb eines modernen Kunsteisstadions ist unweigerlich mit sehr hohen Betriebskosten verbunden, da man für die Beeisung gut ausgebildetes Fachpersonal und aufwändige Technik benötigt, die instandgehalten (und dann und wann sicher auch mal repariert) werden muss. Sollte sich für den Betrieb eines solchen Kunsteisstadions ein privater Investor finden, der das finanzielle Risiko einer zu geringen Auslastung selbst zu tragen bereit ist, wäre dies für den Ort sicher ein interessanter Gewinn. Sollte allerdings die Stadt als Bauherrin und Betreiberin auftreten – und danach sieht es ja derzeit aus – wären letztendlich auch die Betriebskosten durch die Stadt zu tragen, was im Falle einer leider nicht ganz unwahrscheinlichen Unterauslastung der Anlage dazu führen würde, dass ein dauerhafter, erheblicher Zuschussbedarf entstünde.
(2) In benachbarten Braunlage existiert – nur wenige Fahrtminuten entfernt – bereits ein etabliertes Kunsteisstadion zu dem ein Schierker Kunsteisstadion in direkte Konkurrenz treten würde. Sieht man sich einmal die Verteilung größerer Kunsteisstadien in Deutschland an, so wird schnell klar, dass zwei so eng beieinanderliegende Einrichtungen langfristig vermutlich nicht überlebensfähig sein werden. Anstatt das Braunlager Angebot zu kopieren, sollte in Schierke versucht werden, alternative und für die Region originelle Konzepte umzusetzen und es den Schierke-Urlaubern zugleich durch eine verbesserte Anbindung nach Braunlage (etwa per ÖPNV oder durch eine eigene Seilbahn-Verbindung) zu ermöglichen, das Braunlager Stadion in ihre Urlaubsplanung miteinbeziehen zu können.
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista
(3) Das Interesse an Eiskunstlauf und Eishockey ist – wie etwa die eingebundene Erhebung verdeutlicht – generell rückläufig. Den entsprechenden Vereinen fällt es zunehmend schwer, noch Nachwuchs rekrutieren zu können, die meisten Eisstadien laufen stark defizitär (so auch Braunlage und Halle – letzteres trotz des deutlich größeren Einzugsgebietes). In Braunlage ist heute selbst mitten in der klassischen Eislaufsaison von Ende November bis Anfang Februar eine eher geringe Nutzung zu beobachten. Letztendlich setzt man mit einer massiven Investition in Eiskunstlauf und Eishockey also auf einen absterbenden Trend – Investitionen in Trendsportarten wie beispielsweise den Wandertourismus für Seniorinnen und Senioren scheinen mir daher in und um Schierke sinnvoller zu sein.
(4) Da unzweifelhaft sein dürfte, dass mit dem verfallenden Schierker Eisstadion im Rahmen der Ortsentwicklung etwas geschehen muss, sollte der Erhalt als Natureisstadion in jedem Fall kritisch geprüft werden. Ein reines Natureisstadion wäre mit sehr viel geringeren Investitions- und Betriebskosten verbunden, würde ein tourstisches Alleinstellungsmerkmal für den gesamten norddeutschen Raum darstellen und könnte im Sommer ebenso gut wie ein Kunsteisstadion als kultureller Veranstaltungsort genutzt werden.
Ich hoffe, dass auch der neue Stadtrat die Gelegenheit erhalten wird, eine Natureis-Alternative noch einmal gründlich zu prüfen – bislang sieht die Beratungsreihenfolge ja leider vor, die Pläne für das Kunsteisstadion nur vier Tage vor der Kommunalwahl in der letzten ordentlichen Stadtratssitzung zum Beschluss zu stellen. Sich wenigstens einige Monate mehr Zeit zu nehmen, um das durch die Verwaltung in Auftrag gegebene Wirtschaftlichkeitsgutachten gründlich prüfen und alle sinnvollen Alternativen – wie eben die Natureis-Variante – in Ruhe in den Ausschüssen und in den Fraktionen diskutieren zu können, scheint mir im Hinblick auf die potentiellen finanziellen Langzeitwirkungen dieser Entscheidung durchaus geboten zu sein.
Zum Weiterlesen: Haushaltsprobleme durch defizitäre Kunsteisstadien
– Merkur (16.01.2014): Dem Schongauer Eisstadion droht das Aus
– Mitteldeutsche Zeitung (16.09.2012): Heiße Krise in der Eissporthalle
– Wochenblatt (27.02.2014): Eishalle Regen – jetzt wird es richtig ernst
– Merkur (17.07.2013): Eisstadion bleibt das Sorgenkind der Gemeindewerke
– Badische Zeitung (12.12.2013): Neue Eishalle könnte doppelt so teuer werden
– Bayerischer Rundfunk (20.01.2014): Neues Betreibermodell soll Eishalle retten
– Südkurier (28.02.2013): Eisstadion kommt finanziell gerade so über die Runden