Ein reines Natureisstadion – die Alternative für Schierke?

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(von Christian Reinboth)

Seit der Fertigstellung des ersten Entwurfs für das Schierker Ortsentwicklungskonzept durch Prof. Dr. Wolf Eisentraut – in dem das Eisstadion bereits einen zentralen Platz einnahm – wird über die verschiedenen Möglichkeiten zur Neu- und Umgestaltung des Schierker Natureisstadions diskutiert (Stichwort: Pringels-Arena). Ich möchte diesen Blogpost nutzen, um noch einmal ausdrücklich für eine Variante zu werben, die in der öffentlichen Diskussion bislang leider ein wenig zu kurz gekommen ist: Die Restaurierung des existierenden Stadions zu einem reinen Natureisstadion.

Aus meiner Sicht sprechen insbesondere vier Gründe für eine solche Lösung:

(1) Der Betrieb eines modernen Kunsteisstadions ist unweigerlich mit sehr hohen Betriebskosten verbunden, da man für die Beeisung gut ausgebildetes Fachpersonal und aufwändige Technik benötigt, die instandgehalten (und dann und wann sicher auch mal repariert) werden muss. Sollte sich für den Betrieb eines solchen Kunsteisstadions ein privater Investor finden, der das finanzielle Risiko einer zu geringen Auslastung selbst zu tragen bereit ist, wäre dies für den Ort sicher ein interessanter Gewinn. Sollte allerdings die Stadt als Bauherrin und Betreiberin auftreten – und danach sieht es ja derzeit aus – wären letztendlich auch die Betriebskosten durch die Stadt zu tragen, was im Falle einer leider nicht ganz unwahrscheinlichen Unterauslastung der Anlage dazu führen würde, dass ein dauerhafter, erheblicher Zuschussbedarf entstünde.

(2) In benachbarten Braunlage existiert – nur wenige Fahrtminuten entfernt – bereits ein etabliertes Kunsteisstadion zu dem ein Schierker Kunsteisstadion in direkte Konkurrenz treten würde. Sieht man sich einmal die Verteilung größerer Kunsteisstadien in Deutschland an, so wird schnell klar, dass zwei so eng beieinanderliegende Einrichtungen langfristig vermutlich nicht überlebensfähig sein werden. Anstatt das Braunlager Angebot zu kopieren, sollte in Schierke versucht werden, alternative und für die Region originelle Konzepte umzusetzen und es den Schierke-Urlaubern zugleich durch eine verbesserte Anbindung nach Braunlage (etwa per ÖPNV oder durch eine eigene Seilbahn-Verbindung) zu ermöglichen, das Braunlager Stadion in ihre Urlaubsplanung miteinbeziehen zu können.

Statistik: Anzahl der Personen in Deutschland, denen die Sportart Eiskunstlauf bekannt ist, nach Interesse an diesem Sport von 2007 bis 2013 (in Millionen) | Statista
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(3) Das Interesse an Eiskunstlauf und Eishockey ist – wie etwa die eingebundene Erhebung verdeutlicht – generell rückläufig. Den entsprechenden Vereinen fällt es zunehmend schwer, noch Nachwuchs rekrutieren zu können, die meisten Eisstadien laufen stark defizitär (so auch Braunlage und Halle – letzteres trotz des deutlich größeren Einzugsgebietes). In Braunlage ist heute selbst mitten in der klassischen Eislaufsaison von Ende November bis Anfang Februar eine eher geringe Nutzung zu beobachten. Letztendlich setzt man mit einer massiven Investition in Eiskunstlauf und Eishockey also auf einen absterbenden Trend – Investitionen in Trendsportarten wie beispielsweise den Wandertourismus für Seniorinnen und Senioren scheinen mir daher in und um Schierke sinnvoller zu sein.

(4) Da unzweifelhaft sein dürfte, dass mit dem verfallenden Schierker Eisstadion im Rahmen der Ortsentwicklung etwas geschehen muss, sollte der Erhalt als Natureisstadion in jedem Fall kritisch geprüft werden. Ein reines Natureisstadion wäre mit sehr viel geringeren Investitions- und Betriebskosten verbunden, würde ein tourstisches Alleinstellungsmerkmal für den gesamten norddeutschen Raum darstellen und könnte im Sommer ebenso gut wie ein Kunsteisstadion als kultureller Veranstaltungsort genutzt werden.

Ich hoffe, dass auch der neue Stadtrat die Gelegenheit erhalten wird, eine Natureis-Alternative noch einmal gründlich zu prüfen – bislang sieht die Beratungsreihenfolge ja leider vor, die Pläne für das Kunsteisstadion nur vier Tage vor der Kommunalwahl in der letzten ordentlichen Stadtratssitzung zum Beschluss zu stellen. Sich wenigstens einige Monate mehr Zeit zu nehmen, um das durch die Verwaltung in Auftrag gegebene Wirtschaftlichkeitsgutachten gründlich prüfen und alle sinnvollen Alternativen – wie eben die Natureis-Variante – in Ruhe in den Ausschüssen und in den Fraktionen diskutieren zu können, scheint mir im Hinblick auf die potentiellen finanziellen Langzeitwirkungen dieser Entscheidung durchaus geboten zu sein.

Zum Weiterlesen: Haushaltsprobleme durch defizitäre Kunsteisstadien

– Merkur (16.01.2014): Dem Schongauer Eisstadion droht das Aus
– Mitteldeutsche Zeitung (16.09.2012): Heiße Krise in der Eissporthalle
– Wochenblatt (27.02.2014): Eishalle Regen – jetzt wird es richtig ernst
– Merkur (17.07.2013): Eisstadion bleibt das Sorgenkind der Gemeindewerke
– Badische Zeitung (12.12.2013): Neue Eishalle könnte doppelt so teuer werden
– Bayerischer Rundfunk (20.01.2014): Neues Betreibermodell soll Eishalle retten
– Südkurier (28.02.2013): Eisstadion kommt finanziell gerade so über die Runden

Ein Kommentar zu „Ein reines Natureisstadion – die Alternative für Schierke?

    Christian Reinboth geantwortet:
    23. April 2014 um 6:24

    Da es zur Transparenz gehört, Argumente nicht zu ignorieren, die gegen die eigene Position sprechen, möchte ich diesen Artikel per Kommentar gerne um das erste wirklich bedenkenswerte Argument pro Kunsteisbahn erweitern, das ich bislang (in diesem Fall von unserem Oberbürgermeister) vernommen habe: Eine Überdachung – die aus Gründen der Allwetternutzung der Fläche im Sommer ja durchaus anzuraten sein dürfte – schützt vor natürlicher Vereisung und würde somit die gleichzeitige Nutzung der Fläche als Natureisfläche konterkarieren.

    Während dieser Effekt tatsächlich zu erwarten ist, da durch das Dach der Eintrag von Regen und Schnee auf die Fläche verhindert wird, der somit dort nicht festfrieren und zur Ausbildung einer natürlichen Eisbahn beitragen kann, scheint es mir aufgrund der besonderen Form und Höhe des Dachs sowie des Verzichts auf die Fläche umschließende Wände allerdings fraglich, inwiefern dies ein Problem sein könnte, zumal man Wasser bei niedrigen Temperaturen ja ohnehin künstlich zuführen und nicht darauf warten würde, dass es von alleine vom Himmel fällt. Hinzu kommt noch, dass eine Überdachung natürlich auch vor direkter Sonneneinstrahlung und damit vor dem schnellen Abtauen einer vereisten Fläche schützt.

    Geprüft wurden die Auswirkungen beider Effekte jedenfalls noch nicht, was in meinen Augen ebenfalls für eine Verschiebung der Abstimmung über den Eisstadionbau in die neue Wahlperiode spricht – denn da die Kosten für die Kunstbeeisung einen Großteil der laufenden Kosten der Anlage ausmachen werden, sollten alle Konzepte, die zu einer Verringerung der jährlichen Zuschüsse führen, sicher gründlich geprüft werden, bevor die endgültige Entscheidung für eine bestimmte Variante – und damit auch für die langfristige Übernahme der entsprechenden Betriebskosten – fällt.

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