Der Temperaturrekord auf dem Brocken und die Zukunft des Harzes als Wintersportgebiet
(von Christian Reinboth)
In der vergangenen Woche machte eine Grafik des Nationalparks Harz mit Temperaturdaten des DWD vom Brocken – auf dem bereits seit dem Jahr 1848 Wetteraufzeichnungen geführt werden – die Runde durch diverse Medien und Blogs – eine Grafik, die wir dank freundlicher Genehmigung der Pressestelle des Nationalparks auch hier in diesem Blog zeigen dürfen. Zu sehen ist, dass sich die Durchschnittstemperatur auf dem höchsten Berg hier im Harz in den vergangenen 167 Jahren um etwa 2,6 Grad Celsius (von 1,5 auf 4,1 Grad Celsius) erhöht hat, wobei der Großteil dieses Anstiegs in den Jahren nach 1950 stattfand. Bemerkenswert ist, dass die Durchschnittstemperatur im Jahr 2014 mit 5,1 Grad Celsius erstmalig oberhalb der 5-Grad-Grenze lag. Der sich bereits seit langem abzeichnende klimatische Trend für die deutschen Mittelgebirge ist damit um einen neuen, traurigen Rekord reicher.
(Für eine Großdarstellung bitte auf die Grafik klicken. Grafik: Nationalpark Harz, Daten: DWD)
Die Frage, was diese Entwicklung für die Zukunft des Wintersports im Harz bedeutet, stellt sich uns in Wernigerode natürlich insbesondere im Hinblick auf die Schierker Ski-Pläne. Gerade erst diese Woche hat ja beispielsweise die SPD angekündigt, die auch mit ihrern Stimmen fest vereinbarte Rückführung der Gewerbesteuer auf das alte Niveau von 400 Punkten gegebenenfalls nicht mehr mittragen zu wollen, wenn es dadurch zu Kürzungen an den städtischen Investitionen in Schierke kommen sollte. Rund 6,8 Millionen Euro aus der Stadtkasse zuzüglich weiterer 6 Millionen vom Land und Zinsgarantien über rund 35 Millionen auf 20 Jahre sind derzeit allein für den Ausbau des Winterbergs zu einem Wintersportzentrum eingeplant, hinzu kommen andere Millionenprojekte wie etwa die Schierke-Arena.
Um es kurz zu machen: Natürlich wird es im Harz im Winter zukünftig auch weiterhin schneien und natürlich wird somit – zum Glück – auch Wintersport weiterhin möglich sein – das aktuelle Wetter belegt dies eindrücklich. Aber: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insbesondere für den Skisport werden härter werden. Zu rechnen ist insbesondere mit einer Verschiebung der günstigen Wetter- und Beschneiungsbedingungen von den touristisch wichtigen Winter- in Richtung der Osterferien (der sogenannte „Easter Shift“, den wir hier in den letzten Jahren ja bereits beobachten konnten) sowie mit häufigeren Regenfällen während der Wintermonate, die eine erfolgreiche künstliche Beschneiung erschweren werden. Für den Harztourismus insgesamt muss diese Entwicklung übrigens nicht von Nachteil sein, schließlich wird es im Vergleich mit den urbanen Wärmezentren im Harz auch zukünftig angenehm kühl und feucht bleiben. Als wohltemperiertes Naherholungs- und Wandergebiet und Ausflugsziel für Kultur- und Städtetouristen, könnte die touristische Bedeutung des Harzes perspektivisch durchaus noch steigen.
Die Schierker Skisportpläne müssen angesichts der klimatischen Realitäten sicher nicht gestrichen, sollten aber in ihren Dimensionen an die sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden – auch und gerade, um die finanzielle Leistungsfähigkeit der bunten Stadt am Harz in den kommenden Jahrzehnten nicht zu überlasten. Darüber hinaus sollte auch dem Ganzjahres-Aspekt des Ganzjahreskonzepts eine größere Bedeutung eingeräumt werden – Schierke sollte zukünftig idealerweise auch mehr für Wander- und Naturtouristen, und eben nicht nur für Freunde des Wintersports bieten. Darüber ist kommunalpolitisch zu reden – und zwar möglichst ruhig, fair und ohne die aus 2012 leidlich bekannte öffentliche Vorverurteilung aller Kritiker als „Schlechtmacher“ und „Verhinderer“.