Stadtrat
Der neue Stadtrat konstituiert sich und nimmt seine Arbeit auf
(von André Weber)
Am 25. Mai wurde in Wernigerode ein neuer Stadtrat gewählt. Auf die Achterbahnfahrt des Wahlabends folgt allerdings eine nicht weniger spannende Zeit vor der konstituierenden Sitzung. Schon kurz nachdem die erste Freude (oder auch der Unmut) über das Wahlergebnis verflogen ist, geht es um die Frage, wer in den kommenden 5 Jahren welche Aufgabe übernimmt. Dies geht selten geräuschlos ab. Nach dutzenden Telefonaten und Gesprächen gibt es dann erste Vorstellungen und Pläne, die dann oftmals wieder genauso fix über den Haufen geschmissen werden.

Nach insgesamt 4 Sitzungen standen bei der CDU, die von nun an gemeinsam mit Haus & Grund eine Fraktion bildet, die Ergebnisse fest und spätestens nach der feierlichen Vereidigung der Stadträte bei der konstituierenden Sitzung war mancher Stress zur Ergebnisfindung schon wieder vergessen. Ich freue mich ganz persönlich, dass die ohnehin gestärkte CDU nun noch durch die Wählergemeinschaft Haus & Grund verstärkt wird. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass es viele inhaltliche Übereinstimmungen gibt und auch persönlich eine große Vertrauensbasis besteht. Der gemeinsamen Fraktion wird weiterhin Karl-Heinz Mänz vorstehen, der in den letzten Jahren durch seinen ruhigen und sachlichen Stil die CDU-Fraktion bestens geführt hat. Zum neuen Stellvertreter wurde Roland Richter gewählt, der dem Stadtrat bereits seit 2009 angehört.
Bei der konstituierenden Stadtratssitzung wurde nach der Eröffnung durch das älteste Ratsmitglied, Frau Dr. Martina Tschäpe (SPD), dann relativ zügig in der Tagesordnung voran geschritten. Zum alten und neuen Präsidenten wurde Uwe-Friedrich Albrecht (CDU/ Haus & Grund) gewählt. Ihm zur Seite stehen als neue Stellvertreter künftig Siegfried Siegel (SPD) und Inge Lande (DIE LINKE). Alle Präsidiumsmitglieder wurden mit wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen gewählt, was wohl auch Ausdruck der großen Akzeptanz der Personen ist.
Weitere wichtige Entscheidungen fielen bei der Besetzung der Ausschüsse und Aufsichtsräte der städtischen Gesellschaften sowie die Zugriffe auf die Vorsitze der Ausschüsse. Die CDU/Haus und Grund-Fraktion stellt künftig die Ausschussvorsitzenden im Finanz- und Rechnungsprüfungsausschuss (Reinhard Wurzel), im Kulturausschuss (Angela Gorr MdL) und im Ordnungsausschuss (André Weber). Die SPD stellt die Vorsitzenden im Sozialausschuss (Kevin Müller) und im Wirtschaftsausschuss (Prof. Dr. Armin Willingmann). DIE LINKE stellt in den kommenden fünf Jahren den Vorsitz im Bauausschuss (Christian Härtel).
Ich persönlich werde neben dem Vorsitz im Ordnungsausschuss auch noch im Finanz- und Rechnungsprüfungsausschuss sowie im Aufsichtsrat der Park und Garten GmbH mitarbeiten. Insbesondere auf die neue Aufgabe als Vorsitzender des Ordnungsausschusses freue ich mich ganz besonders. In den vergangenen Jahren sind hier etliche Projekte liegen geblieben. In der neuen Funktion will ich aber nicht nur diese Themen voranbringen, sondern etliche gute Ideen, die von allen Parteien im Wahlkampf kamen, aber die mir auch tagtäglich Bürger im Gespräch antragen, auf die Agenda setzen. Insbesondere der Ordnungsausschuss hat die Chance zu einem echten „Bürgerausschuss“ zu werden, in dem gute Ideen und Anregungen aufgegriffen werden.
Auf die Kommunalwahl und die Vergabe der Aufgaben folgt nun erstmal die (hoffentlich sonnige) Sommerpause. Im September geht es dann mit viel Elan weiter!
Canvassing-Auftakt der CDU im Europa- und Kommunalwahlkampf
(von Christian Reinboth)
Am Wochenende fanden in Wernigerode die ersten Straßenwahlkampf-Veranstaltungen der CDU – das sogenannte Canvassing – zur in zwei Wochen anstehenden Europa- und Kommunalwahl statt. Vier Stunden lang standen die CDU-Stadtratskandidatinnen und -kandidaten sowie Sven Schulze als Europa-Spitzenkandidat der CDU Sachsen-Anhalt zunächst in Hasserode und später auch auf dem Nikolaiplatz bei zahlreichen Fragen von Passantinnen und Passanten Rede und Antwort. Dabei wurde unter anderem der neue Flyer der CDU Wernigerode zur Kommunalwahl mit der Kurzfassung des CDU-Kommunalwahlprogramms und immerhin vier Kandidaten der Jungen Union verteilt.

Allen neuen Möglichkeiten für Online-Wahlwerbung zum Trotz gehört das klassische Canvassing – zumindest in meinen Augen – nach wie vor zu jedem Wahlkampf dazu. Natürlich ist Canvassing nicht immer angenehm – bis hin zu gelegentlichen verbalen Übergriffen von Anhängerinnen und Anhängern der ganz rechten oder ganz linken Parteien – alles in allem überwiegen die positiven Erfahrungen die negativen jedoch bei weitem. Gerade angesichts der traditionell leider eher niedrigen Wahlbeteiligung bei Stadtrats-, Kreistags- und auch Europawahlen sowie vor dem Hintergrund der weggefallenen Drei-Prozent-Hürde für die Europawahl ist es in diesem Jahr besonders wichtig, potentielle Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen, dass sich der Gang zur Wahlurne nicht nur für die Bundestagswahl lohnt. Auch wenn zur Stadtratswahl in diesem Jahr erfreulicherweise keine radikalen Parteien antreten, haben NPD, MLPD und andere Randparteien zur Kreistags- und Europawahl noch Chancen auf Mandate.

Insofern freue ich mich am Canvassing-Stand auch immer über alle Passanten, die uns erzählen, dass sie zur Wahl gehen und ihre Stimme für eine der anderen demokratischen Parteien abgeben werden. Natürlich freut man sich als Wahlkämpfer über eigene Unterstützer oder Diskussionen mit Unentschlossenen sicher mehr als über bekennende Anhänger der Konkurrenz – aber solange es noch die demokratische Konkurrenz ist, hilft jede Stimme immerhin der Wahlbeteiligung und damit auch dem Heraushalten undemokratischer Vertreter aus den Parlamenten.
Diejenigen Passantinnen und Passanten, die am Infostand ganz offen angeben, sich weder an der Europa- noch an der Kommunalwahl beteiligen zu wollen, versuchen wir natürlich davon zu überzeugen, dass die Beteiligung an beiden Wahlen gerade in diesem Jahr für Wernigerode und Sachsen-Anhalt von besonderer Bedeutung sind. Warum? Weil die Wahlbeteiligung sowie das CDU-Ergebnis zur Europawahl in diesem Jahr darüber entscheiden werden, ob Sachsen-Anhalt zukünftig überhaupt noch mit wenigstens einem Abgeordneten im Europaparlament vertreten sein wird. Bis zur letzten Europawahl im Jahr 2009 wurde unser Bundesland in Straßburg bekanntlich noch von zwei Abgeordneten aus CDU und SPD vertreten, seit 2009 lediglich noch durch Dr. Horst Schnellhardt, der in diesem Jahr durch Sven Schulze als neuem CDU-Spitzenkandidaten für Europa abgelöst wird. Sollte Sven der Einzug ins Europaparlament doch nicht gelingen, steht Sachsen-Anhalt zukünftig ohne einen eigenen Interessenvertreter in Straßburg dar – ein Ergebnis, über das man sich ganz unabhängig von der eigenen politischen Affinität als Sachsen-Anhalter kaum freuen könnte.
Und auch im Wernigeröder Stadtrat werden in den kommenden Jahren wichtige Weichen für die Zukunft gestellt: Wird die überparteilich getroffene Einigung zur Rückführung der Gewerbesteuer auf 400 Punkte auch vor dem Hintergrund neuer Investitionen in Schierke und unserer Kernstadt umgesetzt werden? Wie könnte ein brauchbares Nutzungskonzept für das gesamte Ochsenteichgelände aussehen, das sowohl den Wünschen der Schmalspurbahn als auch der Anwohnerinnen und Anwohnern gerecht wird? Werden die Pläne für ein Eisstadion und eine Seilbahn in Schierke in ihrer derzeit aktuellen Form realisiert oder wird es doch noch eine Umkehr hin zu weniger teuren Varianten wie beispielsweise einem reinen Natureisstadion geben? Wird es vor dem Hintergrund der befürchteten Schulschließungen auch in unserem Landkreis möglich sein, alle bestehenden Schulen in Wernigerode und seinen Ortsteilen zu erhalten? Viele wichtige Fragen deretwegen sich der Gang zur Wahlurne am 25. Mai zweifelsfrei lohnt.
Wer übrigens – wie ich – den Begriff „Canvassing“ für neumodisches „Denglisch“ hält, kann sich in dieser Sammlung historischer Wahlkampfmaterialien aus dem Jahr 1976 (in der Helmut Kohl erstmalig gegen Helmut Schmidt antrat – und damals noch verlor) der unionsnahen Konrad Adenauer-Stiftung eines Besseren belehren lassen: Nicht nur wurde der Wahlkampf mit Infoständen auf der Straße bereits in den 70er Jahren als Canvassing bezeichnet, er fand auch schon mit nahezu unveränderten Tischchen, Schirmen und Giveaways statt. Ein Wahlkampf mit Tradition also, der in den nächsten zwei Wochen bis zur Wahl noch an vielen Straßenecken in Wernigerode zu erleben sein wird.
