Bürgerbeteiligung
Bertelsmann-Studie: Drei Viertel wünschen sich mehr Partizipation
(von Christian Reinboth)
Während des diesjährigen Kommunalwahlkampfes wurde hier im BLACK.blog viel zum Thema Bürgerbeteiligung bzw. deren Umsetzungsmöglichkeiten (vom offenen Haushalt über Abgeordnetenwatch bis hin zu organisierten Beteiligungsverfahren) geschrieben – ein Thema, das auch im Kommunalwahlprogramm der CDU Wernigerode bereits in der Präambel Berücksichtigung fand:
„Wernigerode zeichnet sich seit vielen Jahren durch eine sachliche und konstruktive politische Diskussion und eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung zum Wohle unserer Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger aus. Diesen Erfolgskurs wollen wir fortsetzen und dabei auch weiterhin im regelmäßigen Austausch mit Bürgern und Besuchern unserer Heimatstadt die richtigen Weichenstellungen vornehmen. Die Beteiligung des Bürgers am öffentlichen und politischen Leben, die Aufnahme von Anregungen und Wünschen und der konstruktive Umgang mit Problemen und Herausforderungen ist unser Anliegen. Deshalb wollen wir in den kommenden fünf Jahren mit der Stadt an Formaten und Plattformen arbeiten, die dies mehr als bisher gewährleisten.„
Eine jüngst erschienene, (städte-)bevölkerungsrepräsentative Studie der Bertelsmann-Stiftung in Kooperation mit dem Land Baden-Württemberg zu Bürgerbeteiligungsverfahren bestätigt, dass sich JU und CDU Wernigerode in Sachen Partizipation auf dem richtigen Weg befinden: Während 76% der Deutschen das Recht auf aktive Mitsprache im Vorfeld politischer Entscheidungen für sehr wichtig befinden, wünschen sich immerhin 69% als Bürgerinnen und Bürger direkt in wichtigen Fragen mitentscheiden zu können. Obwohl die eingeübten Entscheidungsverfahren der repräsentativen Demokratie nach wie vor von der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung getragen werden, lassen die Studienergebnisse deutlich erkennen, dass viele Bürgerinnen und Bürger sich schlicht nicht mehr damit zufriedengeben wollen, ihre Meinung alle paar Jahre an der Wahlurne kundtun zu können. Ihr Wunsch, an wichtigen Entscheidungen direkt beteiligt zu werden, wird jedoch nur von 38% der befragten politschen Akteure mitgetragen.

Die Zahlen lassen bereits erahnen, wie schwer sich die Politik damit tut, traditionelle Entscheidungsverfahren für den Bürger zu öffnen. Und tatsächlich gibt es auf dem Weg zur wirklich partizipativen Demokratie noch viele Hürden zu überwinden. Wie lässt sich beispielsweise sicherstellen, dass die Ergebnisse von Beteiligungsverfahren wirklich repräsentativ sind, diese also nicht von „Interessensvertretern in eigener Sache“ dominiert oder gar übernommen werden? Wie eröffnet man auch denjenigen Teilen der Bevölkerung einen Zugang zu elektronischen Verfahren der Mitbestimmung, die im Umgang mit den entsprechenden Geräten unerfahren, unsicher oder gar vollkommen offline sind? Und wie geht man mit dem Problem um, dass vielen Vollzeit im Schichtdienst tätigen Bürgerinnen und Bürgern schlicht die Zeit für die Teilnahme an entsprechenden Verfahren fehlt, obwohl man doch oft gerade ihre Stimmen einbinden möchte? Viele Probleme, die keineswegs trivial, letztendlich aber durchaus lösbar sind.
Deutlich wird der Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach mehr Partizipation außerhalb von Parteistrukturen beispielsweise an den Ergebnissen der Bertelsmann-Erhebung in Leipzig: Während 61% der Leipziger Bürger an Bürgerbegehren teilnehmen und immerhin 49% sich in partizipative Verfahren einbringen würden, wären nur 20% bereit, in einer politischen Partei mitzuarbeiten. Lediglich 28% der hier Befragten zeigten sich mit den traditionellen kommunalpolitischen Entscheidungswegen zufrieden, während 70% mehr oder minder großen Änderungsbedarf anmelden. Die Zahlen verdeutlichen, dass der Ruf nach mehr Bürgerbeteiligung alles andere als ein kurzlebiger Trend ist, der seitens der Parteien einfach „ausgesessen“ werden kann. Und auch wenn Grüne und Piraten (gerade letztere ja aber leider nicht immer erfolgreich) der CDU in Sachen Patizipation sicher ein Stück weit voraus sind, ist unsere Partei im Rahmen des Programms „Meine CDU 2017“ derzeit dabei, sich diesem Trend zu stellen. Auch die Stadt Wernigerode hat mit dem Bürgerbutachten zum Ochsenteichgelände bereits bewiesen, dass die organisierte Bürgerbeteiligung hier vor Ort gut funktionieren kann – darauf sollten wir aufbauen.

(Quelle: Bertelsmann-Stiftung)

(Quelle: Bertelsmann-Stiftung)
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die Bertelsmann-Partizipationsstudie viele hochinteressante Ergebnisse liefert, die auch für die Wernigeröder Kommunalpolitik als Ansporn und Auftrag verstanden werden sollten. Gerade im Hinblick auf das derzeit massiv öffentlich diskutierte Schierke-Projekt, dessen Erfolg oder auch Misserfolg den Haushalt Wernigerodes und damit auch die Gestaltungsmöglichkeiten von Politik und Stadtverwaltung auf viele Jahre entscheidend prägen wird, wäre es mehr als angebracht, allen Bürgerinnen und Bürgern ein Mitspracherecht einzuräumen, bevor Entscheidungen unumkehrbahr werden.
Der Volltext der Studie sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse lassen sich hier kostenfrei herunterladen.
„Generationenwechsel“ in Ausschüssen des Wernigeröder Stadtrates
(von André Weber)
Vor anderthalb Wochen hat sich der neue Stadtrat von Wernigerode erstmalig getroffen und konstituiert. Bereits im letzten Beitrag habe ich kurz über die Ergebnisse der ersten Sitzung in der neuen Wahlperiode berichtet. Wenige Tage nach der ersten Zusammenkunft des Stadtrates meldete sich die Harzer Volksstimme bei den neuen (oder wiedergewählten) Ausschussvorsitzenden und erfragte, welche Ziele man in den nächsten fünf Jahren umsetzen möchte und wie die Arbeit künftig aussehen soll.

Entscheidungen für die weitere Stadtentwicklung treffen (Foto und Text: Pressestelle der Stadt Wernigerode).
Sicher ist es schwierig, fünf Jahre in die Zukunft zu schauen. Der überwiegende Teil der Vorlagen kommt ohnehin von der Stadtverwaltung und die Stadträte beraten dann über das Für und Wider. Dies wird sich sicher auch nicht ändern. Schon allein, weil die Tätigkeit als Stadtrat nur im Ehrenamt stattfindet und die Erarbeitung von eigenständigen Vorlagen, insbesondere zu komplexen Themen, unglaublich viel Zeit bindet. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass in den kommenden Jahren auch wieder mehr Vorstöße der Parteien und Fraktionen im Stadtrat kommen. Im Wahlkampf wurden von allen Parteien zahlreiche gute Ideen entwickelt – und diese sollten nun auch im Stadtrat und seinen Ausschüssen diskutiert werden.
Wichtig ist mir ganz persönlich, dass auch die Anliegen der Wernigeröder aufgegriffen werden – auf Augenhöhe, lösungsorientiert und mit einem hohen Maß an Sachlichkeit. Der Ordnungsausschuss, welchen ich künftig leiten darf, hat die Chance ein „Bürgerausschuss“ zu werden. In dem Zusammenhang begreife ich den in der gestrigen Ausgabe der Harzer Volksstimme ausgerufenen „Generationenwechsel“ bei den Ausschussvorsitzenden auch durchaus als Chance, neue und moderne Wege der Bürgerbeteiligung zu erproben. Ergänzend zu dem gestrigen Einblick der Harzer Volksstimme in die künftige Ausschussarbeit in Wernigerode möchte ich hier im Blog noch vollumfänglich meine Antworten zu allen Fragen zugänglich machen.
1. Was haben Sie sich für Ihren jeweiligen Ausschuss vorgenommen?
Ich möchte als Ausschussvorsitzender meinen Beitrag dazu leisten, dass der Ordnungsausschuss zu einem echten „Bürgerausschuss“ wird. Anregungen, Ideen und Probleme der Bürger sollen aufgegriffen und gemeinsam mit den Stadträten und der Verwaltung diskutiert werden. Ich hoffe, dass aus diesem möglichst breiten Dialog Initiativen erwachsen, die unsere Stadt noch lebenswerter machen.
2. Was sind die großen Herausforderungen in den nächsten fünf Jahren?
In naher Zukunft sind erstmal die noch offenen Themen der letzten Wahlperiode, wie das Verkehrskonzept oder die Friedhofsgebührensatzung, abzuschließen. Alle Parteien haben im zurückliegenden Kommunalwahlkampf gute Vorschläge für die Zukunft unserer Stadt gemacht, die dann sicher in den nächsten Jahren auch im Ordnungsausschuss diskutiert werden.
3. Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger – sofern es einen Vorgänger gibt?
Mein Vorgänger, Siegfried Siegel (SPD), hat den Ausschuss in den letzten Jahren durch eine sehr sachliche Führung geprägt. Dies hat mir persönlich imponiert und dies werde ich auch versuchen fortzuführen. Mit 26 Jahren bin ich der mit Abstand jüngste Ausschussvorsitzende und habe daher naturgemäß eine andere Art mit Themen umzugehen. Der Ordnungsausschuss wird in Zukunft sicher deutlich häufiger tagen und ich möchte in regelmäßigen Abständen mit den Ausschussmitgliedern Vor Ort -Termine organisiert bekommen. Es ist mir wichtig, sich auch außerhalb des Rathauses einen Eindruck zu machen und mit Betroffenen direkt ins Gespräch zu kommen.
4. Was wünschen Sie sich in punkto Zusammenarbeit vom Oberbürgermeister und von der Stadtverwaltung?
Ich wünsche mir in erster Linie eine professionelle Zusammenarbeit, bei der die Anliegen der Stadträte und der Bürger ernst genommen werden. Als Ausschussvorsitzender werde ich künftig wohl noch häufiger im Dialog mit den zuständigen Dezernenten und Amtsleitern stehen. Ich freue mich auf die intensive Zusammenarbeit zum Wohle unserer Stadt!
5. Wie wollen Sie das Interesse der Bürger an der Stadtratsarbeit wecken?
Kommunalpolitik ist für die Bürger vor allem dann interessant, wenn sie persönlich betroffen sind. Daher werde ich mich weiter bemühen, mit Betroffenen ins Gespräch zu kommen und deren Anregungen aufzugreifen. Ich hoffe, dass mehr Bürger auch die Einwohnerfragestunden in den Ausschüssen nutzen. Ich selbst werde, wie in den letzten Jahren, insbesondere die neuen Medien nutzen, um transparent über die Stadtratsarbeit zu informieren.
Ich freue mich auf eure Ideen und Anregungen und stehe euch jederzeit bei Problemen und Anregungen als Ansprechpartner zur Verfügung. Im Ratsinformationssystem der Stadt Wernigerode findet ihr neben meinen Kontaktdaten auch jene der anderen Mitglieder des Stadtrates, die ebenso wie ich stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Wernigeröder haben.